
Herbert Bayer
Österr., später US-amerikan. Designer, Maler, Gebrauchsgraphiker, Photograph u. Architekt, 1900–1985
1900: Herbert Wilhelm Bayer wird am 5. April in Haag am Hausruck, Oberösterreich, als zweiter Sohn eines Steuerbeamten geboren. Vater Maximilian stammte aus Passau, Mutter Rosa, geb. Simmer, aus Haag. Die Familie lebt in Haag, Windischgarsten und in Ried im Innkreis.
1912: Übersiedlung nach Linz, wo Bayer zwischen 1912 und 1914 das Khevenhüller-Gymnasium besucht.
1915: Erste Schülerarbeiten, 1916 bereits freie künstlerische Zeichnungen.
1917–1918: Militärdienst im k. u. k. Infanterieregiment Nr. 14.
1919–1920: Vom 1. Oktober 1919 bis zum 1. September 1920 arbeitet Bayer im Büro des Architekten Georg Schmidhammer in Linz. Hier entstehen künstlerische und typographische Entwürfe, Bayer beteiligt sich an der Ausstellung im Atelier Schmidhammer. Ausstellungsbeteiligung bei der neu gegründeten Künstlervereinigung „Der Ring“ (11. Mai bis 1. Juni 1919).
1921: Von März bis Herbst 1921 ist Bayer im Darmstädter Atelier des Architekten und Designers Emanuel Margold auf der Mathildenhöhe als Mitarbeiter engagiert. Bayer entwirft Verpackungen, kunstgewerbliche Gegenstände und arbeitet an Werbe- und typografischen Entwürfen.
1921–1922: Lektüre von Wassily Kandinskys Über das Geistige in der Kunst. Bayer wandert von Darmstadt nach Weimar, wird als Student des „Staatlichen Bauhauses“ aufgenommen. Oktober 1921 bis Frühjahr 1922 Vorkurs bei Johannes Itten.
1922–1925: Vom 8. März 1922 bis zum Juli 1923 und vom Oktober 1924 bis zur Gesellenprüfung vor der Handwerkskammer am 23. Februar 1925 lernt Bayer in der Bauhaus-Werkstatt für Wandmalerei unter Wassily Kandinsky (vormals Schlemmer). Von Herbst 1923 bis Frühling 1924 unternimmt Bayer mit dem Bauhaus-Kollegen Sepp Maltan eine Italienreise. Längerer Aufenthalt in Boccadifalco bei Palermo, Sizilien. Beide verdienen ihren Lebensunterhalt als Flach- bzw. Wandmaler und richten im selben Jahr ein Malatelier für Flachmalerei in Berchtesgaden ein. 1925 Übersiedlung des Bauhauses nach Dessau.
1925–1927: Ab 1. April 1925 bis 1928 leitet Bayer die neu eingerichtete Werkstatt für „Druck und Reklame“ am Bauhaus in Dessau. Bayer setzt die Kleinschreibung durch und führt DIN-Normen für Drucksorten ein. 1925 Heirat mit der Bauhaus-Schülerin und Fotografin Irene Hecht. 1927 Ausstellungsgestaltungen. Umbenennung der Werkstatt in „werkstatt für typographie und werbsachengestaltung.“
1928–1929: Einrichtung des Raumes „Elementare Typographie“ mit der Werkstatt für Druck und Reklame des Bauhauses auf der internationalen Presse-Ausstellung „Pressa“ in Köln. Geht im Juni 1928 nach Berlin und arbeitet bis 1938 als Maler, Fotograf, Grafiker, Ausstellungsarchitekt und vorrangig als Werbegrafiker. Herbert Bayer wird 1928/29 Leiter des „Studio Dorland“, der internationalen Werbeagentur Dorland in Berlin. Es entstehen Broschüren, Prospekte, Plakate. Auch ist Bayer künstlerischer Berater für die deutsche Vogue, deren Covers er u. a. entwirft. Bayers Programm war die Überführung des Konstruktivismus und des Surrealismus in die Reklametechnik und damit in die Ästhetik des Alltags. 1929 erste Einzelausstellung in der Künstlervereinigung MAERZ in Linz und in der Pariser Galerie Povolotzki.
1930–1936: Gestaltet die Ausstellung des Deutschen Werkbunds in Paris und 1931 die Baugewerksbundausstellung in Berlin gemeinsam mit Walter Gropius, Marcel Breuer, László Moholy-Nagy und Xanti Schawinsky. In seinen Plakaten der 1930er Jahre kombiniert Bayer zum ersten Mal Grafik, Fotografie und Typografie. 1932 erscheint eine Mappe mit 11 Fotomontagen. Liaison mit Ise Gropius. 1932 Trennung von Irene Bayer-Hecht. Irene, in Chicago geboren und amerikanische Staatsbürgerin jüdischer Herkunft, lebt fortan als Fotografin mit der gemeinsamen Tochter Julia, genannt „Muzi“ (1929–1963) getrennt von Herbert Bayer, folgt aber Herbert mit der Tochter in die Emigration. 1934 mehrmonatige Reise mit Marcel Breuer durch Jugoslawien und Griechenland. 1936 Einzelausstellung im Kunsthaus Salzburg. Es erscheint die Mappe „Fotoplastiken“ mit acht Fotografien. Bayer übernimmt als einer der erfolgreichsten Werbegrafiker Deutschlands grafische Aufträge für die NSDAP als Gestalter von Plakaten, Katalogen und Publikationen.
1937–1938: Ein Gemälde Bayers wird in der Ausstellung „Entartete Kunst“ 1937 verfemt, zwei weitere Arbeiten werden aus deutschem Museumsbesitz beschlagnahmt. Im selben Jahr Ausstellung in der „London Gallery“ in London; Alexander Dorner, mit dem Bayer 1938 gemeinsam emigriert, schreibt das Katalogvorwort. Nach einer ersten Sondierungsreise im März 1937 in die USA und nach einer erfolglosen Bewerbung im Juni 1937 als Lehrer an der Kunstgewerbeschule Wien, erfolgt Bayers Emigration in die USA nach dem Anschluss Österreichs am 15. August 1938. Reist mit dem Passagierschiff „Bremen“ von Bremerhafen nach New York, dort Ankunft am 22. August (mit ca. 20 Dollar in der Tasche). Lebt bis 1946 in New York, lernt im Herbst 1938 seine spätere Frau Joella Haweis Levy kennen. Als ersten Auftrag am MOMA in New York gestaltet er die Ausstellung „bauhaus 1919–1928“. Herausgabe des gleichnamigen Buches mit Walter und Ise Gropius.
1939–1943: Einzelausstellung und Lehrauftrag am Black Mountain College, North Carolina, vermittelt durch den ebenfalls emigrierten Freund aus Bauhaus-Zeiten, Josef Albers. Gestaltung der US-Propaganda-Ausstellungen „Road to Victory“ (1942) und „Airways to Peace“ (1943) im Museum of Modern Art, New York.
1944: Mehrmonatiger Aufenthalt bei Stowe, Vermont. Schitouren und Wanderungen in den Green Mountains, Beginn der Arbeit an dem malerischen Zyklus mountains and convolutions. Heirat mit Joella Haweis Levy.
1945: Bayer entwirft die Ausstellung „Art and Industry“ für die Container Corporation of America (CCA). Bis 1945 werden von ihm in den USA etwa zwölf Ausstellungen gestaltet. Art Director der Dorland International.
1946–1965: Von 1946 bis 1974 Wohnsitz und Studio in Aspen, Colorado. Architekturaufträge. 1946 entsteht als erstes Bauwerk das „Sundeck Restaurant“ am Ajax Mountain, 3400 Meter hoch gelegen. Gestaltungsberater für die Entwicklung des von Walter Paepcke neu gegründeten „Aspen Institute for Humanistic Studies“. Planung des gesamten Geländes mit dem Architekten Fredric Benedict, Aspen. 1955 entstehen die ersten gestalteten Landschaften, Marmorgarten und Graswall, auf diesem Gelände. Mitbegründer der „Aspen Design Conference“ im Jahr 1951. 1946–1965 Berater für die Container Corporation of America, später Art Director. Mitwirkung an den Planungen für Verwaltungs- und Produktionsstätten des damals weltführenden Erzeugers von Kartonagen (Filialen in den USA, Deutschland, Kolumbien). 1948–1953 Co-Autor und Gestalter des World Geo-Graphic Atlas im Auftrag der CCA (1955 folgt eine deutsche Ausgabe, Hrsg. Luigi Visintin, Wilhelm Goldmann und H. Bayer). 1954 mehrmonatige Reise mit Joella in Europa, Aufenthalte in Paris, Sizilien (Taormina) und Tunesien (Kairouan). Bedeutende Retrospektiven und wichtige Einzelausstellungen u. a. „Herbert Bayer 33 Jahre seines Schaffens“, eine Wanderausstellung, die im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg 1956 startet und im Kunstgewerbemuseum Zürich, an der Hochschule für Bildende Kunst Berlin, im Städtischen Museum Braunschweig und im Museum für angewandte Kunst in Wien im Jahr 1957 gezeigt wird. 1960 Teilnahme an der Internationalen Design Konferenz in Japan. 1961 Einzelausstellung im Bauhaus Archiv Berlin, 1963 in der Neuen Galerie der Stadt Linz. Stellt 1964 bei der documenta 3 in Kassel aus. Ab 1966 Gestaltungsberater der Atlantic Richfield Company. 1967 entwirft Bayer den Katalog und die Ausstellungsaufbauten der Jubiläumsschau „50 Jahre Bauhaus“ in Stuttgart, die als Wanderausstellung konzipiert wurde. Ab 1963 jährliche Aufenthalte in Marokko, von 1966 bis 1974 im eigenen Haus in Tanger, Marokko.
1968: Entwurf der Gegliederten Wand (17 Meter hoch) für die Straße der Freundschaft, einer Serie von großen Beton-Skulpturen im Süden der Stadt Mexiko, als künstlerisches Programm der Sommer-Olympiade in Mexiko. Freundschaft mit dem Bildhauer Mathias Goeritz.
1971–1973: Einzelausstellung im Museum für angewandte Kunst, Wien. 1973 erhält er die Ehrendoktorwürde der Technischen Universität Graz. Entwurf eines Brunnens und der Stahl-Skulptur Doppelter Aufstieg für die Arco-Plaza in Los Angeles.
1974/78: Retrospektive „Herbert Bayer. Das druckgraphische Werk“ im Bauhaus-Archiv Berlin, in Hamburg, Bochum, Lissabon, Barcelona.
1975: Übersiedlung aufgrund eines Herzleidens nach Montecito bei Santa Barbara, Kalifornien. 1976 Retrospektive in der Neuen Galerie Linz. Entwurf für die Brunnenskulptur (Orgel-Brunnen) vor dem Linzer Brucknerhaus, im Rahmen des „Forum Metall“ errichtet.
1980: Gründungsausstellung von „Herbert Bayer Collection and Archive“ am Denver Art Museum, Denver, Colorado. Die Neue Galerie der Stadt Linz zeigt Fotografien des Künstlers.
1985: Herbert Bayer stirbt am 30.9.1985 in Santa Barbara, Kalifornien.
1987: Ausstellung „Herbert Bayer: Kunst und Design in Amerika 1918–1985“ im Bauhaus-Archiv Berlin und in der OÖ. Landesgalerie.
2000: Anlässlich des 100. Geburtstages zeigen die Neue Galerie der Stadt Linz, die Landesgalerie Oberösterreich und das Schloss Starhemberg in Haag am Hausruck eine umfangreiche Präsentation aus dem Gesamtwerk. 2000/01 Ausstellung „Bauhaus: Dessau-Chicago-New York“ im Folkwang Museum Essen. Seit den 1970er Jahren hat die Neue Galerie der Stadt Linz/Lentos Kunstmuseum Linz von Herbert und Joella Bayer großzügige Schenkungen erhalten. Wichtige Arbeiten wurden im Kunsthandel erworben.
Foto: Ausschnitt aus einem S/W-Foto von 1933 (Bayer posiert gemeinsam mit Alexander Schawinsky und Walter Gropius), Bauhaus-Archiv Berlin