Täter und Opfer
Nationalsozialistische Gewalt und Widerstand im Bezirk Vöcklabruck ; 1938–1945 ; eine Dokumentation
Christian Hawle
ISBN: 978-3-85252-076-6
21 x 15 cm, 142 S., m. Abb., graph. Darst., Kt., Hardcover
15,00 €
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Kurzbeschreibung
[Hrsg. von Mauthausen-Aktiv-Vöcklabruck. Christian Hawle, Gerhard Kriechbaum, Margrit Lehner]
1. Nebenlager Vöcklabruck – Wagrain
a. Das Lager
Geht man zeitlich von der Belegung mit Häftlingen aus, so gab es im Vöcklabrucker Stadtteil Wagrain rund ein Jahr lang, und zwar zwischen 6. Juni 194l und 14. Mai 1942, eine Außenstelle des Konzentrationslagers Mauthausen. Das Nebenlager, das vermutlich im Auftrag der Deutschen Stein- und Erdwerke G.m.b.H., einer SS-Firma, errichtet worden war, diente als Basis für verschiedene Arbeitseinsätze in der Umgebung der Bezirksstadt, vornehmlich im Straßenbau. Die zuständige Gemeinde war die Stadtgemeinde, die verantwortliche Behörde die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck.
Die Anlage war auf jenem Areal, auf dem sich heute zirka je zur Hälfte der Busparkplatz des Schulzentrums und die Bezirkssporthalle befinden; die damalige, freilich nicht asphaltierte Zufahrtsstraße dürfte in etwa der heutigen Einfahrt von der Bahnhofstraße Richtung Bezirkssporthalle entsprochen haben. Gleich zu Beginn dieser Einfahrt stand rechterhand ein Einmann-Häuschen für einen SS-Wachmann, wenige Meter dahinter, auf derselben Seite, die erste Baracke, die der Unterkunft der SS-Wachmannschaft diente. Einen entsprechenden Abstand weiter lag, von Stacheldraht umgeben, das eigentliche Lager mit sieben oder acht eckig angeordneten Baracken; in der Mitte war der sogenannte Appellplatz.
Die Menschen, die in dieser Zeit hier inhaftiert waren, hatten bereits eine lange, unfreiwillige Reise mit großen Entbehrungen hinter sich.
b. Die Häftlinge
Viele der demokratisch-republikanisch gesinnten Spanier nämlich, die bis 1939 gegen die Truppen des faschistischen Generals Franco gekämpft hatten, flüchteten nach der Niederlage aus ihrer Heimat zuerst in das benachbarte Frankreich, wo sie zumeist widerwillig aufgenommen und in großflächigen Lagern untergebracht wurden. Etliche von ihnen kämpften noch einige Zeit auf der Seite Frankreichs gegen die Deutsche Wehrmacht, bis sie nach dem Sieg Nazi-Deutschlands als Kriegsgefangene nach Osten hin verschleppt wurden. Andere wurden nach der Besetzung Frankreichs durch die Hitler-Truppen von der SS in deutsche Konzentrationslager deportiert. In das KZ Mauthausen kamen insgesamt 10.200 republikanische Spanier, wobei von den meisten Transporten die Frauen und Kinder wieder an Franco ausgeliefert wurden. Die Männer wurden entweder in Mauthausen selbst oder in verschiedenen Nebenlagern zur Arbeit eingesetzt. Über 7.700 wurden getötet.
Am 6. Juni 1941 wurden etwa 300 Spanier in das bereits existierende Nebenlager Vöcklabruck-Wagrain gebracht; unter ihnen waren zwei Deutsche und ein Marokkaner.
c. Die Arbeitskommandos
Die Häftlinge der Vöcklabrucker Außenstelle waren in vier Baracken mit je zwei Stuben untergebracht. Dem allgemeinen System der SS-Lagerführung entsprach, daß für jede Stube und jeden Block Verantwortliche ernannt wurden. Die insgesamt vier Blockältesten und acht Stubenältesten hatten beispielsweise zur Aufgabe, jeweils für ihren Zuständigkeitsbereich über die Vollzähligkeit der Häftlinge Bericht zu erstatten. Aus der Mitte aller Gefangenen wurde ein Mann names Cäsar als »Lageräkester« bestimmt, dessen Namen auch das ganze Vöcklabrucker Arbeitskommando trug: Cäsar-Kommando.'' Für die Arbeit an verschiedenen Stellen war das Kommando in Gruppen, die sogenannten Arbeitskommandos, unterteilt, die für sich wiederum je einen Verantwortlichen zu stellen hatten: den »Capo«. Die Anzahl dieser Kommandos schwankte je nach Dauer und Intensität des Einsatzes zwischen fünf und sieben. Jedem Arbeitskommando waren ein oder mehrere Zivilisten zugewiesen, welche die Aufgaben verteilten und ihre sachgemäße Durchführung überwachten. Die wesentlichen Einsatzbereiche waren der Straßenbau und Aufräumungsarbeiten.
Eines der Kommandos war beispielsweise zwei bis drei Wochen damit beschäftigt, den sogenannten »Ringofen« – einen alten Ziegelofen, der bis an die heutige Einfahrt der Bahnhofstraße in die B1 reichte und nach dem dort der »Ringofenweg« benannt ist – abzutragen. Außerdem gab es das Wasserleitungskommando mit zirka zehn Häftlingen, die beim heute nördlich von Vöcklabruck gelegenen Wasserdepot arbeiteten und in der Folge an der Ungenacherstraße Gräben für die Wasserleitung zu schaufeln hatten. Das Kommando »Straßenbau I«, bestehend aus etwa 120 Häftlingen, mußte von der Vöcklabrücke bis zum Kukla-Berg und das Kommando »Straßenbau II« mit zirka 70 Häftlingen von der Vöckla- bis zur Agerbrücke Humus aufschaufeln und die Trasse, also das Fundament für die Straßen, errichten. Dann gab es noch die Kommandos »Vöcklabrücke« mit 20–30 und »Agerbrücke« mit 15–20 Häftlingen, die für den Brückenbau zuständig waren. Schließlich arbeiteten 10–12 Häftlinge an der Brücke über den Tiefenweg (in der Nähe von Rutzenmoos) und ebenfalls 10–12 Häftlinge in der damaligen Schottergrube in Attnang-Puchheim. (…)