Februar 1934 in Oberösterreich
„Es wird nicht mehr verhandelt …“
Brigitte Kepplinger
ISBN: 978-3-900000-03-5
21 x 15 cm, 278 S., zahlr. Abb.: vierf., graph. Darst., Hardcover; korr. u. erg. Ausg.
€ 10,00 €
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Kurzbeschreibung
[Brigitte Kepplinger, Josef Weidenholzer (Hg.). Mit Beitr. von Franzobel …]
Im Februar 1934 schossen Österreicher auf Österreicher. Sozialdemokraten gegen Christlichsoziale, Schutzbund gegen Heimwehr. Demokratie gegen Ständestaat. Verzweiflung gegen Verachtung. Tote auf beiden Seiten! Besonders heftig waren die Kämpfe im Hausruck. Furchtbarer und zynischer Höhepunkt war die Erschießung von vier Schutzbund-Sanitätern im Kinosaal des Arbeiterheimes Holzleithen: »Hausruckwald Action« mit abstoßendem Drehbuch. Eine Ermordung ohne Urteil, seither ungeklärt! Bis heute ein Aufreger in der Region. Mitten im Fasching Standrecht, Mord auf geschmückter Bühne. Lampions als Totenmonde, Lametta als Orden der Justifizierten.
Der sich hinter Gaspoltshofen abrupt auftürmende Bergkamm, der Hausruck, macht seinem Namen alle Ehre. Immer wieder rutschen »Leiden« (ugs. für Hänge), und Häuser müssen rücken. Diese Bewegungen können, gemeinsam mit den unzähligen Dellen im Wald, verursacht durch Einbruch alter Bergwerksstollen, metaphorisch für die Bewegungen im Umgang mit heimischer Geschichte gelesen werden. Verwerfungen tun sich auf, Risse entstehen. »Unter Tage«, »im (politischen) Alltag untergegangen«. Die dunklen Orte im Hausruck als Allegorie zu bewusst getilgten Ereignissen. Der Versuch, Flurschäden billig zu bereinigen, als Gleichnis für die Handlungsweise von Politik, Gesellschaft und Individuum. Noch bevor die Wahrheiten der Vergangenheit gehoben und geborgen werden können, werden sie unter großer Eile verborgen, verdrängt und zugeschüttet, so werden »Hohlräume der Geschichte« geschaffen.
Vor diesem Hintergrund verwundert es, dass Thomas Bernhard seinen im Nachbarort Wolfsegg spielenden Roman »Die Auslöschung« nannte, passender wäre wohl »Die Zuschüttung«. Weniger verwundert es, dass der Mensch sich nach furchtbaren Begebenheiten von der Erde abwendet und seinen Blick gen Himmel richtet. Vielleicht bezeichnet sich deshalb Wolfsegg auch als Luftkurort. Der kollektive Hausrucker Ausblick aufs Alpenvorland ist jedenfalls fantastisch, bei klarem Wetter sieht man bis zum Ötscher. Nur »kann man schöne Aussicht nicht essen«, wie Wolfseggs Bürgermeister Emil Söser einmal bemerkte. Jedenfalls funktionierten diese »natürlichen« Ablenkungstaktiken beinahe 70 Jahre bestens.