Franz Josef Stangl
»Geboren wurde ich am 17. Juli 1952 in Graz, wuchs an verschiedenen Pflegeplätzen bei Zieheltern und in Erziehungsanstalten auf. Man rief mich Bastard, weil bekannt war, dass ich ein Außerehelicher, einer ohne richtige Eltern, ein in die Dorfgemeinschaft eingedrungener Unerwünschtling war. Ein Fürsorgekind.
Solche, so sagten die Dorfbewohner, würden sie hier, in ihrem Dorf, nicht brauchen. Einer, der sich weigerte, sich erziehen zu lassen, dem der Ruf seiner Sturheit und Erziehungsresistenz vorauseilte, sobald er aus dem Wald trat, um sich auf den Schulweg zu machen. Ein verschlagenes Kind, nannten sie mich, dass ich jahrelang grün und blau und bis zur oftmaligen Bettlägerigkeit und Bewusstlosigkeit verdroschen wurde, wollte niemand wissen. Ich war eine kleine und billige Arbeitskraft, fehlte deswegen auch oft im Unterricht, ein Trottelkind, welches aus Bösartigkeit nicht lernen wollte.
Ich habe meine Kinderjahre aufgeschrieben, die Stränge entflochten und wieder zusammengeführt. Nicht mein ganzes Leben, aber jene Jahre, die alles vorgegeben haben, so als seien sie gebogene Schienen, die nur zu einem Kreis zusammengefügt werden konnten. Diesen Kreis habe ich Jahrzehnte später zerstört. Aus Zorn und heftiger Wut habe ich Randfiguren gemacht, sie sollen mich nicht mehr leiten, nicht von meiner Zeit Besitz ergreifen. Zu lange haben sie das getan. Ich lebe heute in Wien, bin den Stätten meiner Kindheit entflohen, was geblieben ist, sind diese Erinnerungen.«