Der Flug des Ibis
Die Rückkehr eines heiligen Vogels aus der Arche Noah
Johannes Fritz, Angelika Reiter
ISBN: 978-3-85252-542-6
21×19 cm, 112 Seiten, zahlr. farb. Abb., Kt., Hardcover m. Schutzumschl.
€ 22,00 €
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Kurzbeschreibung
Der Waldrapp wurde von Noahs Arche ausgesandt und brachte Kunde vom nahen Land. In Ägypten wurde er als heiliger Vogel verehrt. Pilgern wies er den Weg nach Mekka. Mit den ersten Bauern, mit ihren Äckern und Weideflächen kam der Waldrapp zu uns.
Er siedelte in Städten, in Burgen, Ruinen und verlassenen Häusern. Von ihm erzählen Sagen und Flurnamen. Selbst für venezianische Karnevalsmasken war er Vorbild. Weil die Waldrappe leckeres Fleisch hatten und leicht zu erlegen waren, sind sie im Mittelalter fast ausgerottet worden. Heute zählt der Waldrapp zu den bedrohtesten Tierarten der Erde. Zoos wurden ihnen zu einer modernen Arche Noah. Jetzt könnten die Vögel mit dem roten nackten Hals und dem langen Schnabel wieder heimisch werden in den Alpen.
Wie das gelingen soll, wo Waldrappe schon frei fliegen und wo noch wilde Waldrappe leben – das erzählen Johannes Fritz, Angelika Reiter und ein Team von Zoologen, Verhaltensforschern und Historikern.
Dazu die schönsten Bilder von einem spannenden Unternehmen: Nach der Art, wie Nobelpreisträger Konrad Lorenz seine Graugänse aufzog, so folgen auch die Waldrappe dem Menschen. Die Waldrappe fliegen hinter Ultraleichtflugzeugen her und lernen so eine neue Zugroute – vom Nordrand der Alpen bis in die südliche Toskana.
[Johannes Fritz / Angelika Reiter (Hg.)]
Rezensionen
ORF Radio Österreich 1: Dem Vogel das Fliegen beibringenDas Buch von Johannes Fritz und seiner Mitstreiterin Angelika Reiter vereint leichtverständliche wissenschaftliche Ausführungen über Geschichte und Eigenarten des Waldrapps mit spannenden tagebuchartigen Berichten von einem einzigartigen Lehr-Projekt.
Ein Ultraleicht-Flugzeug fliegt tief am Lido di Jesolo entlang, im Gefolge eine Gruppe von elf Waldrappen knapp über dem Wasser in perfekter V-Formation, ihrerseits gefolgt von einem Hubschrauber. Ich beobachte das alles aus gut 200 Metern Höhe von meinem eigenen Fluggerät aus und empfinde große Genugtuung. Das ist die Frucht von zwei Jahren harter Arbeit und der bisherige Höhepunkt eines erfüllten Traumes, des Traums vom Fliegen mit den Waldrappen!
Der Biologe Johannes Fritz über einen erhebenden Moment während seines „Grünauer Waldrapp-Projekts“. Viel harte Arbeit für Johannes Fritz und sein Team war diesem Augenblick vorangegangen. Etliche weitere Anstrengungen, aber auch beglückende Zwischensiege sollten nach Drucklegung des vorliegenden Buches noch folgen.
Vorbild für venezianische Karnevalsmasken
Bei dem auch heute noch laufenden Projekt geht es darum, den in Freiheit praktisch ausgestorbenen Waldrapp oder Schopf-Ibis in Europa wieder in freier Wildbahn anzusiedeln. Und dazu muss er das Fliegen erlernen, der Waldrapp: nicht nur von seiner Voliere bis hin zur Wiese, wo er seine Nahrung sucht, denn das können auch Waldrappe in menschlicher Obhut, sondern zum Beispiel von der Ruine Scharnstein in Oberösterreich bis nach Italien, und wieder zurück!
Der Waldrapp ist einer der auffälligsten Vögel überhaupt, am ehesten noch vergleichbar den venezianischen Karnevalsmasken, für die dieser Vogel das Vorbild war. Da aber europäische Waldrappe seit vielen Generationen in Zoos aufgewachsen sind, werden sie zwar jedes Jahr zur Zugzeit in ihren Volieren von Unruhe und Reiselust befallen, verfliegen sich aber sofort, wenn man sie freilässt, und konnten deshalb bis jetzt auch ihren Jungen keine Flugroute beibringen.
Die Idee des Grünauer Waldrapp-Teams war daher so simpel wie genial. So wie der Gründer und Namenspatron der Konrad-Lorenz-Forschungsstelle in Grünau einst junge Graugänse auf sich prägte, sodass sie ihm, als ihrer „Gänse-Mutter“, eifrig schnatternd hinterher marschierten, so prägten Johannes Fritz und sein Team handaufgezogene Waldrappe auf Menschen in speziell entwickelten Fluggeräten.
Verirrt!
Entlang der Route von Grünau über Windischgarsten, das Kärntner Gail- und das italienische Kanaltal bis nach Venedig und später weiter nach Orbetello in der Toskana bewegte sich der Tross nur langsam vorwärts.
Nördlich von Arnoldstein müssen wir einen Waldrücken überfliegen. Wir machen uns Sorgen, die Vögel über dieser dunklen Fläche wieder zu verlieren. Und wirklich, plötzlich sind sie wie vom Erdboden verschluckt. Wir kreisen. Dann entdeckt Alex die Vögel zufällig, sie folgen ihm.
So mancher der einjährigen Waldrappe verirrte sich und wurde später in Gärten der weiteren Umgebung wieder gefunden, während sich die ganz jungen Vögel diesbezüglich besser hielten.
Prominente Unterstützung
Der ebenso skurrile wie liebenswerte Waldrapp als Botschafter der bedrohten Natur an und für sich, und sein menschlicher Begleiter in einem winzigen Flugdrachen als Führer in die Freiheit: Nicht zufällig schließen sich diesem interessanten Projekt Naturfilmer ebenso an wie private Sponsoren, Wissenschaftler ebenso wie Produzenten von Fernseh-Unterhaltung: Eine Folge der Hauptabendserie „Forsthaus Falkenau“ handelte, inhaltlich kaum abgewandelt, von dem Waldrapp-Projekt. Und auch Prinz Ernst August von Hannover, der mit seiner Familie in Grünau einen Nebenwohnsitz unterhält, reihte sich beim Anblick der charmanten Schwarzmäntel in die Reihe der privaten Sponsoren.
Geld ist dringend nötig, nicht nur für die aufwändigen Reisen mit den Vögeln, sondern auch für den allgemeinen Betrieb der Konrad-Lorenz-Forschungsstelle, der nur durch den großen und teilweise unbezahlten Einsatz der Mitarbeiter aufrecht erhalten werden kann. Denn nicht alle Forschungsvorhaben der Grünauer Biologen sind so öffentlichkeitswirksam, wie das Waldrapp-Projekt, dessen eigentlicher vorläufiger Schlusspunkt noch aussteht: Das Projekt wird erst dann abgeschlossen sein, wenn der erste Vogel selbständig zurück nach Österreich kommt.
(Rezension auf der Webseite von Ö1, [veröffentlicht am 8. April 2017 ?])
https://oe1.orf.at/artikel/207109/Der-Flug-des-Ibis