Albtraumgeschichten
Kurzprosa
Johannes Twaroch
ISBN: 978-3-902416-34-6
19 x 12 cm, 130 Seiten, Klappenbroschur
€ 15,00 €
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Kurzbeschreibung
nachts, wenn er mit offenen augen schlaflos lag, sah er es neben sich. es lag neben ihm, halb durchsichtig, vom dunkel umhüllt. es kehrte ihm den rücken zu, lag zusammengerollt wie ein igel. es schlief tief & fest, mit sich friedlich hebender & senkender brust. wenn er näher heranrückte, um sein gesicht zu erkennen, grub es den kopf in den polster. schultern & hals waren durch die decke geschützt, die hochgehaltene hand schirmte unwillkommene blicke ab. es war nicht sein glück, es war das glück. fortune, die schwester des todes.
Rezensionen
Ulfhild Krausl: [Rezension zu: Johannes Twaroch, „Albtraumgeschichten“]Das mit einem sehr ansprechenden Schutzumschlag versehene Buch im Taschenbuchformat gliedert sich in vier Abschnitte, wobei der erste, eben die Albtraumgeschichten, dem Leser einiges abverlangt. Die 13 Kurztexte leben von einem interessanten Spannungsfeld zwischen realistischer, alltäglich anmutender Sprache und einem skurrilen, irrealen Inhalt. Der Boden der Wirklichkeit wird verlassen, sie wirken beängstigend und bedrohlich, wobei ihnen aber eine zwingende Logik innewohnt. Oft finden sich überraschende Schlusswendungen, die das Erzählte erst recht ins Absurde führen. Mir erscheinen diese Geschichten etwas für Menschen mit starken Nerven zu sein, die gerne einen Blick hinter die sogenannte Wirklichkeit werfen wollen. Tatsächlich beginnt die erste Erzählung damit, dass der Protagonist ein Buch von Edgar Allen Poe lesen möchte und dabei durch verdächtige Geräusche aus der Nachbarwohnung gestört wird.
Es geschehen unerklärliche, Ensetzen verbreitende Dinge in der Welt, die ganz normal zu sein scheint. Der Geschichte „manchmal bin ich aus glas“ ist ein bezeichnendes Zitat von Ingeborg Bachmann vorangestellt: „Ich existiere nur, wenn ich schreibe. Es ist eine seltsame, absonderliche Art zu existieren: asozial, einsam, verdammt.“
Ganz anders der nächste Buchteil. Hat man sich durch die Albtraumgeschichten gekämpft, wird die Welt heller, leichter, verspielt, voll leisem Humor. Im „Wortspielzeugladen“ werden alphabetisch Wörter auf heitere Weise erklärt. Beispiel; „abbau. kaum zu glauben, was heutzutage alles abgebaut wird: braunkohle, ernteüberschüsse, schuldenberge, staatsdefizite, atommüll, tierkadaver, arbeitsplätze, mitarbeiter & sogar richtige menschen.“
Es gibt eine „reise um die welt in 80 fragen“. Beispiel: „leben in windsor lustige weiber?“ Jahreszeiten und Wochentage werden humorvoll erklärt, Wortspiele gemacht.
Die „Kinderscenen“ haben den Untertitel „von mädchen im kommunionkleid vorzulesen“ und zeigen die kindliche Welt hinwiederum von einer skurrilen, traurigen, oft auch schrechlichen Seite. Die „Glossen“ führen im Stil ebenfalls an den Anfang zurück. Es sind sehr kurze Texte mit prägnanter Schärfe, die oft wehtut.
Der Autor behält in allen Texten eine konsequente Kleinschreibung bei, die aber flüssiges Lesen keineswegs behindert. Das Wort UND wir immer durch das Zeichen & ersetzt.
Johannes Twaroch wurde in Wien geboren, studierte Germanistik, Geschichte und Kunsterziehung und leitete 22 Jahre lang die Literaturabteilung des ORF Niederösterreich.
Dieses Buch ist keine leichte Lektüre, bietet aber genügend Stoff zum Nachdenken.
(Ulfhild Krausl, Rezension in: Das Waldviertel. Zeitschrift für Heimat- und Regionalkunde des Waldviertels und der Wachau, 61. Jahrgang 2012, Heft 2, S. 232)
G. H.: Literarisches Antidepressivum
Irgendwann wird jeder einmal von Albträumen heimgesucht und kehrt schweißgebadet in die Wirklichkeit zurück. Albträume müssen aber nicht Angst machen, wenn sie, so wie von Johannes Twaroch in seinen „Albtraumgeschichten“, humorvoll aufgearbeitet werden. Sie können so auch ein wirksames Mittel gegen die derzeit grassierende Winterdepression sein.
Johannes Twaroch, der mehr als zwei Jahrzehnte lang die Literaturabteilung des Landesstudios Niederösterreich geleitet hat und seit vielen Jahren in Perchtoldsdorf ansässig ist, hat bisher seine Leserinnen und Leser vor allem mit „Literatur in Anekdoten“ (wie etwa im Band „Typisch Österreich“) ergötzt. Auch „Literarische Orte in Niederösterreich“ wurden von ihm aufgearbeitet.
Neben seinen „Albtraumgeschichten“, von denen einige, wie etwa „der triebwagen nach unterhautzenthal“, an Franz Kafka gemahnen, sind hier auch Wortspielereien (im Kapitel „Im Wortspielzeugladen“) „Kinderscenen“ und Glossen zu finden, die Johannes Twarochs neue Facetten bloß legen. Dabei ist sein Wortwitz, etwa wenn er den April als den Lieblingsmonat der Meteorologen oder das Haarwasser als duftenden Dünger bezeichnet, vor allem aber seine Auseinandersetzung mit dem Tod – von den Vorschlägen zur Beschleunigung der natürlichen Vergänglichkeit bis zu den Todesursachen und Todesarten –, geeignet, gleich keine Depression aufkommen zu lassen und Albträume hintan zu halten.
(G. H., Rezension in der NÖWI. Die niederösterreichische Wirtschaft Nr. 3/11, 28. Jänner 2011, S. 38)