Klarheit & Vielfalt – [Hauptbd.]
Österreichisches Formglas aus drei Jahrhunderten unter Einschluss von Grenzbereichen · Sammlung Knittler
Herbert Knittler
ISBN: 978-3-99028-520-6
30,5×24,5 cm, 160 Seiten, zahlr. vierfärbige Abb., Hardcover
€ 38,00 €
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Kurzbeschreibung
Innerhalb der Hohlglasproduktion nahm das Formglas, jenes Glas, das unmittelbar in der Glashütte erzeugt wurde und ohne weitere Veredelung zum Gebrauch bestimmt war, mengenmäßig zweifellos die erste Stelle ein. Diese kam ihm auch hinsichtlich des Formenreichtums und der Vielfalt der Verwendungsmöglichkeiten zu. Als Sammelobjekt und Gegenstand fachlicher Befundung hat es hingegen erst mit einiger Verspätung gegenüber bemalten, geschnittenen oder geschliffenen Gläsern Beachtung gefunden. Die vorliegende Publikation, die auf einer bis in die Siebzigerjahre des 20. Jahrhunderts zurückreichenden Sammeltätigkeit aufbaut, versucht hier Defizite, die sich vor allem in den zentralen Ländern des Habsburgerreichs erkennen lassen, aufzuarbeiten. Aufgrund überregionaler Zusammenhänge, wie sie sich besonders seit dem 17. Jahrhundert abzeichnen, war es allerdings sinnvoll, über die engeren politischen Grenzen hinauszublicken. Die sich vor allem im 19. Jahrhundert abzeichnende Tendenz, zur Bereicherung des Formenschatzes verstärkt Model aus Holz oder Metall zu verwenden, führt dann in einer Linie vom frei geformten über das gemodelte zum pressgeblasenen Produkt und damit in die Frühphase industrieller Glaserzeugung.
Rezensionen
Siegmar Geiselberger: [Rezension]Völlig überraschend bekam ich per Post ein wertvolles Buch als „Rezensionsexemplar“ von einem zunächst völlig unbekanntem Verlag. Der Verfasser kam mir bekannt vor: […]
Es stellte sich sofort heraus, dass es sich genau um das Buch handelt, auf das ich seit vielen Jahren gehofft habe: ein Sammler dokumentiert seine umfangreiche Sammlung von „Formglas“ – 480 Stücke von rund 700 Gläsern – und fasst den aktuellen Stand des Wissens über dieses wichtige Sammlungsgebiet zusammen. Seit Schaich/Baumgartner, „Reine Formsache. Deutsches Formglas 15. bis 19. Jahrhundert“, München-Berlin 2007, ist das nach 10 Jahren das erste Buch dieser Art. Und dieses Buch berichtet über Formglas, das vor allem in Österreich gesammelt wurde.
Knittler bestimmt den Begriff „Formglas“ breit, d.h. als Glas zum lokalen/regionalen Verbrauch. Hergestellt wird es in allen seit dem Mittelalter bekannten Techniken einschließlich Blasen in Formen aus Holz oder Metall. „Form-geblasenes Glas“ ist also eine besondere Abteilung von Formglas. Diese Herstellungstechnik erzeugt in einem Arbeitsgang zugleich die Form und die Dekoration des Stücks.
Auch Knittler berichtet, dass sich besonders populäre Muster über größere Gebiete der 1918 untergegangenen Monarchie Österreich-Böhmen-Mähren-Ungarn verbreitet haben. Aber die durch die regionalen Konjunkturen der Glasmanufakturen oft erzwungenen weiten Wanderungen der Glasmacher werden bisher nur durch Nachkommen von Glasmeisterfamilien nach Kirchenbüchern rekonstruiert. Ob und wie Muster der untergegangenen Glashütte Nová Huť u Svoru bei Nový Bor [Haida] in Nordböhmen über Milovy in Nordmähren bis in die Steiermark gewandert sind, kann man also noch immer nicht nachweisen.
Auf Symposien zur Archäologie der Glashütten habe ich bisher erlebt, dass man sich nur für die gefundenen Öfen und Scherben interessiert, aber nicht für die Glasmacher, die an diesen Öfen diese Gläser hergestellt haben. Die Verbindung der Glashütten-Archäologie mit der Erforschung der Familienstammbäume will einfach nicht zustande kommen. Die Archäologen interessieren sich nicht dafür, wer die Gläser gemacht hat, die sie mit großem Kostenaufwand ausgraben … Eine systematische Verbindung zwischen Archäologie und Familienforschung gibt es bisher nicht. […]
Knittler bringt ein umfassendes Literaturverzeichnis auf dem neuesten Stand: viele wichtige Berichte konnten in der [Pressglas-Korrespondenz] bereits (auch in Übersetzungen) dokumentiert werden. Aber Knittler weist auch auf Kataloge und Literatur hin, die mir bisher nicht bekannt wurde und die ich jetzt erst mal in Büchereien suchen muss. Leider habe ich noch nicht alle gefunden …
Für alle Sammler von form-geblasenen oder form-gepressten Gläsern ist dieses Buch ein lange gesuchtes „muss“!!! […]
(SG, Rezension in: Pressglas-Korrespondenz Nr. 2, Juni 2016)
https://pressglas-korrespondenz.de/aktuelles/pdf/pk-2016-2w-knittler-formglas-2016.pdf
Wieland Kramer: [Rezension]
Wenn ein privater Sammler seine Gläser über eine Publikation der Öffentlichkeit und der Wissenschaft zugänglich macht, handelt es sich um ein begrüßenswertes Vorhaben, das mit Mut, Aufwand und Kosten verbunden ist. Vor diesem Hintergrund ist die Publikation des in Linz (Österreich) lebenden Wirtschafts- und Sozialhistorikers Herbert Knittler ein begrüßenswertes und vorbildliches Vorhaben. Die nicht ganz 500 Stücke der Knittler-Sammlung sind ein hervorragendes Reservoir an Vergleichs- und Studienobjekten für das Gebrauchsglas des 18. bis 20. Jahrhunderts. Der Autor räumt offen ein, dass seine Vorbilder Dexel und Schaich heißen und dass er der oberösterreichischen Region stark und auch emotional verbunden ist. Knittler ordnet Sammlung und Publikation in 15 Gruppen: Von Tellern und Schalen sowie anderen offen-flachen Gläsern über Becher, Kelchgläser, das weite Feld der Kannen, Krüge und Karaffen sowie der Flaschen bis hin zu Gläsern mit ganz spezifischen Funktionen, wie Lampen, Stopfgläser sowie medizinischem und religiösem Glasgerät. Auch hier sind die früheren Publikationen für den Autor vorbildhaft und leitend. […]
(Wieland Kramer, Rezension in: Der Glasfreund. Zeitschrift für altes und neues Glas, 21. Jg., Nr. 60, August 2016)