Kampf um die Traun
Der Widerstand gegen das Kraftwerk Lambach
Thomas Rammerstorfer, Marina Wetzlmaier
ISBN: 978-3-99028-958-7
24,5 x 17,5 cm, 168 Seiten, zahlr. vierfärbige Abb., Hardcover
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Kurzbeschreibung
Im Jänner 1996 begannen die Rodungen für den Bau eines Wasserkraftwerkes an der Traun zwischen Lambach und Stadl-Paura. Eine bemerkenswerte Protestbewegung wurde aktiv. AnrainerInnen und UmweltschützerInnen mit Unterstützung aus ganz Österreich besetzten den Wald und lieferten Polizei, Bauarbeitern und Kraftwerksbefürwortern ein dreimonatiges Katz-und-Maus-Spiel: die längste Besetzung dieser Art in der österreichischen Geschichte. Im Mikrokosmos der beiden Kleinstädte spitzte sich die Lage zu. Die Auseinandersetzung wurde nicht nur um Bäume geführt, es war ein Kampf um die Meinung im Lande.
Das Buch erzählt ein bemerkenswertes Stück Zeitgeschichte anhand ökologischer, politischer und ökonomischer Aspekte. Es kommen AktivistInnen, ZeitzeugInnen und PolitikerInnen zu Wort, KraftwerksgegnerInnen ebenso wie -befürworterInnen. Wetzlmaier und Rammerstorfer zeichnen damit ein vielstimmiges Bild einer Affäre, die Oberösterreich spaltete wie kaum ein anderes Ereignis der Nachkriegszeit.
[Radio FRO-Infomagazin FROzine zum Thema „Aktivismus gegen Bauprojekte – Historisches Beispiel: Besetzung der Lambacher Au“.
(…) Im Jahr 1996 formierte sich eine wehrsame Protestbewegung aus Umweltschützerinnen die sich gegen den Bau eines Wasserkraftwerks an der Traun einsetzte.
Aus dem Protest entwickelte sich eine der längsten Besetzungen dieser Art in der österreichischen Geschichte.
Doch wie wurde der Protest im prädigitalen Zeitalter organisiert? Was waren die Folgen des Widerstands?
Diese und viele weitere Fragen versucht Bernhard Schwab zu klären mit:
Marina Wetzlmaier, Journalistin und Autorin des Buches „Kampf um die Traun“ und
Herbert Huss, Biologe und Mitbegründer der „Bürgerinitiative Traun“. (…)]
Rezensionen
Silvana Steinbacher: „Es war ein Öko-Krieg“Der Kraftwerksbau im oberösterreichischen Lambach und die Protestbewegung der 90er: Die Klischees wurden hier nicht bedient. Denn nicht nur „gewaltbereite AktivistInnen“ harrten drei eiskalte Monate auf der Baustelle aus, sondern auch AnrainerInnen und PensionistInnen. Silvana Steinbacher über ein gerade erschienenes Buch, das die Geschehnisse im Winter 1996 nachempfinden lässt.
Es waren drei dichte Monate, und allen, die im Camp dabei waren, sind sie abrufbar. Als im Jänner 1996 die Rodungsarbeiten für den Bau des Kraftwerks Lambach ohne Einbeziehung der AnrainerInnen in Gang gesetzt werden, beginnen UmweltaktivistInnen mit der Besetzung der Baustelle. Sie sollte drei Monate dauern. Thomas Rammerstorfer, er war selbst einer der Protestierenden, und Marina Wetzlmaier lassen in ihrem gerade erschienenen Buch Kampf um die Traun. Der Widerstand gegen das Kraftwerk Lambach diese Zeit wiederaufleben.
Abseits der Fakten und Ereignisse, die von den beiden aufgerollt werden, sind es die Erinnerungen einstiger AktivistInnen und vielleicht auch Rammerstorfers eigener Rückblick, die das Leben im Camp spürbar werden lassen: der Alltag, die eiskalten Winternächte in den Schlafsäcken, die Furcht, vom Feuer erfasst zu werden, an das sich die Frierenden so nahe wie möglich gelegt hatten. Und schließlich die Beschimpfungen durch BefürworterInnen des Kraftwerks, aber auch der Zusammenhalt der Protestierenden untereinander, der einigen von ihnen bis heute im Gedächtnis geblieben ist. Wetzlmaier und Rammerstorfer gelingt es, diesen Alltag so dicht zu schildern, dass man den Eindruck erhält, dabei zu sein.
Thomas Rammerstorfer, damals 20 Jahre alt, war auch teilweise im Camp: „Sobald jemand davon redet, wird mir heute noch kalt. Es hatte minus 15 Grad im Jänner 1996, minus 10 Grad nahe am Feuer. Die Vielfalt der Demonstrierenden im Camp war ungewohnt. Es waren auch ältere Damen dabei, die Gemeinschaft war toll. Ich kann mich erinnern, dass es gut organisiert war, es wurden auch täglich Pläne für die Lager erstellt, drei bis fünf sind es gewesen. Natürlich befürchtete ich manchmal, dass die Bewegung ins Radikale abgleiten könnte, doch die ersten Anzeichen dafür wurden schnell gebremst. Insgesamt würde ich sagen, war dieses Ereignis nicht nur eine Niederlage. Die OKA hat ihre Politik geändert und registriert, dass es für ihr Image förderlicher ist, ein paar Millionen mehr in den Umweltschutz zu stecken als in Werbung.“
Chronologie der Ereignisse (partiell)
Im März 1995 erlässt das Landwirtschaftsministerium einen positiven Wasserrechtsbescheid.
1996 beginnen die Rodungsarbeiten.
Im April desselben Jahres wird aus Formalgründen der Wasserrechtsbescheid aufgehoben.
Im Herbst 1997 verliert Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) bei der Wahl die absolute Mehrheit. Die ÖVP beschließt dennoch mit den Stimmen der SPÖ, sie stellte sich während des Konflikts dezidiert gegen den Bau, die endgültige Errichtung des Kraftwerks.
Ende Mai 2000 wird das Kraftwerk Lambach offiziell eröffnet. In den folgenden Jahren entwickelt sich rund um den Bau ein Naherholungsgebiet.
Marina Wetzlmaier hat während dieses Konflikts noch die Volksschule besucht. Sie ist freie Journalistin und Autorin und hat sich in ihren bisherigen Büchern mit türkischen Moscheevereinen (Mitautor: Thomas Rammerstorfer) und mit der Linken auf den Philippinen beschäftigt. Das aktuelle Buch ist ihr erstes über ein österreichisches Ereignis.
„Mein Spezialgebiet sind soziale Bewegungen und die Frage, wie sie entstehen. Auch Gruppendynamik interessiert mich. Und so hat mich auch dieses Ereignis interessiert. Ich habe mir auch am Beispiel Lambach die Frage gestellt, wie sich Widerstand formiert, welche Formen von Aktivismus festzustellen waren. Der Widerstand auf der Baustelle hatte viele Facetten zu verzeichnen: Tradition, kreativer Widerstand. Es gab also auch kulturelle Aktivitäten während dieser Zeit.“
Die Faktoren
Der Konflikt um das Kraftwerk Lambach spielte sich auf mehreren Ebenen ab. Auf der einen Seite GegnerInnen, Firmen, die sich durch den Bau Profit erhofften, die Politik, vor allem durch die ÖVP und die OKO, heute Energie AG, deren Privatisierungspläne parallel zu den Konflikten um das Kraftwerk Lambach verliefen. Und auf der anderen Seite die im Camp Protestierenden, die zwar intensiv von Global 2000, den Grünen und einigen AnrainerInnen unterstützt wurden, aber gegen diese machtvolle Mauer der Befürwortenden kaum eine Chance hatten. Viele der Protestierenden von damals meinen heute: „Es war ein Okö-Krieg.“
Gerüchte und Verleumdungen
Die Phantasie einiger Befürwortender des Kraftwerkbaus entwickelte sich zur Hochform, wenn es darum ging, die Protestierenden zu verleumden.
Feierte das Gerücht über die Berufsdemonstrierenden damals seine Premiere? Jedenfalls begegnet es uns in schöner Regelmäßigkeit immer wieder, wenn sich eine Protestbewegung formiert. Hohe Summen wurden genannt, die angeblich pro Tag und Person ausbezahlt worden seien. Von wem eigentlich?
Den widerlichen Höhepunkt setzte wahrscheinlich der ehemalige Sprecher der Vöest, der eine namentliche Erwähnung nicht verdient. Er bemühte in einem Kommentar, den ich nicht wörtlich zitieren will, eine Nähe der Protestierenden zum Nationalsozialismus und zu Goebbels. Pühringer gratulierte ihm daraufhin in einem Leserbrief und meinte später, er hätte den Kommentar nicht gelesen.
Plötzliche Wende und weitere Ereignisse
Mit einem Unfall beginnt eine aufrüttelnde Wende im Camp. Ein Pensionist hält sich an der Kante einer Baggerschaufel fest, stürzt, bricht sich eine Rippe und verliert das Bewusstsein. Der Fahrer wird im Prozess freigesprochen. Der Pensionist überlebt glücklicherweise ohne bleibende Schäden.
Ein weiteres Ereignis: Bei Baggerungsarbeiten werden menschliche Skelette gefunden, ein Baustopp wird beschlossen, schließlich klärt sich, dass diese Überreste über 300 Jahre alt sind. Vorherige Vermutungen, es könnten Skelette von ehemaligen KZ-Häftlingen sein, veranlasste einige, sich zu antisemitischen Äußerungen der übelsten Art hinreißen zu lassen.
In ihrem Resümee führen die beiden AutorInnen recht ausgewogen auch die Perspektiven dieses lange zurückliegenden Konflikts vor Augen.
Als der faktische politische Gewinner ging der damalige Landeshauptmann Josef Pühringer hervor. Bei der nächsten Landtagswahl verlor die ÖVP allerdings 2,51 Prozent, was natürlich nicht 1:1 aus dieser Thematik resultiert. Die Grünen schafften den Einzug in den Landtag. Unterstützt wurden die AktivistInnen damals von der gesamten Prominenz der Grünen, von Peter Pilz über Madeleine Petrovic bis zu Alexander van der Bellen, die alle ins Camp kamen, allerdings auch wesentlich durch die Umweltschutzorganisation Global 2000 mit ihrem damaligen Pressesprecher Lothar Lockl.
Auf kommunaler Ebene zog die Liste „Lebensraum Stadl-Paura“, die ein besonderes Naheverhältnis zu den ehemaligen KraftwerksgegnerInnen zeigte, mit 17,91 Prozent in den Gemeinderat ein.
Eine Niederlage mit „Gewinn“
Im Herbst 1997 fällt die Entscheidung: Die ÖVP beschließt mit den Stimmen der SPÖ, die sich immer gegen diesen Bau ausgesprochen hat, schließlich für die Errichtung des Kraftwerks.
„Problematisch war ganz offensichtlich die Ausgangslage“, stellt Marina Wetzlmaier fest. „Die SPÖ war innerhalb ihrer Fraktion gespalten, denn die Gewerkschaft akzeptierte den Bau mit dem Argument der Arbeitsplätze.“
Die Aktivistinnen hatten auf einigen Seiten übermächtige Gegner. Als Verlierende in diesem Konflikt sehen sich die meisten dennoch nicht. Lothar Lockl wird von Wetzlmaier und Rammerstorfer einige Male zitiert. Er habe in Lambach gelernt, wie sich unterschiedliche Menschen zu einer Gemeinschaft formieren könnten. Bei einigen der Protestierenden entwickelte sich erst durch diesen Konflikt eine ernsthafte Politisierung.
Nicht zu beschönigen ist allerdings auch die Tatsache, dass der Protest in der Bevölkerung teils tiefe Gräben aufgerissen hat, bis hin zu Zerwürfnissen innerhalb von Familien.
Wetzlmaier und Rammerstorfer bleiben in ihrem Buch Kampf um die Traun. Der Widerstand gegen das Kraftwerk Lambach aber nicht ausschließlich in der Vergangenheit, sondern streifen auch – und dies ist eine Qualität des Buches – die Gegenwart.
Das Kraftwerksprojekt Tumpen-Habichen an der Ötztaler Ache in Tirol soll trotz einer Petition mit mehr als 12.000 Unterschriften und anderer Proteste bis spätestens 2022 in Betrieb gehen. Zurück zu Lambach: Rund um den Bau des Kraftwerks entwickelte sich ein Naherholungsgebiet. Die Protestierenden nutzten den Konflikt, um ein Rückbauprojekt der Traun zwischen Welser Wehr und Alm-Spitz zu fordern. Für ihre Verdienste um den Rückbau erhielt die Bürgerinitiative Traun den Landespreis für Umweltschutz und Nachhaltigkeit 2012.
Das aktuelle Buch von Thomas Rammerstorfer und Marina Wetzlmaier präsentiert eine Chronologie der Ereignisse und zeigt auch Methoden und Wege auf, wie bei künftigen Projekten Erfolge erzielt werden könnten.
(Silvana Steinbacher, Rezension in Die Referentin. Kunst und kulturelle Nahversorgung #22, Dezember 2020/Jänner/Februar 2021, S. 18 ff.)
https://diereferentin.servus.at/es-war-ein-oeko-krieg/
Manuela Kaltenreiner: „Der Kampf um die Traunau ist wie ein Lehrstück einer Radikalisierung“
In einem neuen Buch wird die Geschichte des Kraftwerks Lambach neu aufgerollt. Gegner und Befürworter schildern ihre Erlebnisse.
25 Jahre nach dem Beginn der Rodungen und der Proteste gegen den Bau des Kraftwerks Lambach hat ein Ehepaar aus Wels ein Buch darüber geschrieben, das Anfang Jänner erscheinen soll. Darin schildern Befürworter und Gegner ihre Erinnerungen an die Protestwochen und warum der Bau des Kraftwerks auch für die Gegner ein kleiner Sieg war.
Bis heute sind nicht alle Wunden verheilt, scheiterten doch auch Ehen an diesem Projekt, Familien wurden bedroht, es zogen Bewohner weg, weil sie die Situation nicht mehr ausgehalten haben, und es gebe Feindschaften, die immer noch gepflegt würden, erzählen die Autoren Thomas Rammerstorfer und Marina Wetzlmaier. „Es ist eine so vielschichtige Geschichte, der Widerstand war so kreativ, und das waren nicht nur Umweltaktivisten, sondern auch diejenigen, die von diesem Bau direkt betroffen waren, das war etwas Besonderes“, sagt Wetzlmaier. Die Gegner, mit denen die Autoren gesprochen haben, „entsprechen nicht dem Klischee von Leuten, die sich an Bagger ketten“. Noch heute würde dieser Teil der Geschichte in Lambach und Stadl-Paura viele Emotionen auslösen. „Es war die intensivste Zeit in ihrem Leben. In so einem Mikrokosmos ist man 24 Stunden Befürworter oder Gegner. Es ist ein wenig ein Lehrstück einer Radikalisierung in einem Mikrokomos. Es gab Schlägereien, Beschimpfungen unf Feindschaften“, sagt Rammerstorfer. Die Politiker hätten damals einen großen Fehler gemacht: „Sie haben die Entscheidung über die Köpfe der Menschen hinweg getroffen, und das hat erst recht zum Widerstand geführt. Das war Usus bis zum Kraftwerk Lambach, dann hat man gesehen, dass es für alle angenehmer ist, wenn Bürger eingebunden und ihre Bedürfnisse ernst genommen werden“, sagt Rammerstorfer. „Uns war es wichtig, in dem Buch zu sagen, ja, das Kraftwerk ist gekommen und es gibt Menschen, die das als Niederlage sehen, aber der Widerstand hat etwas nachhaltig bewirkt für alle weiteren Projekte“, sagt Wetzlmaier. Die Politik habe einen versöhnlichen Konsens gefunden, ist Rammerstorfer überzeugt. „Durch die Kritik und den Widerstand ist das Kraftwerk wesentlich schöner und vertretbarer für Mensch und Natur geworden. Es ist ein ökologisches Musterbeispiel, das Vorbild für andere Bauten wurde.“
Das Buch ist für das Paar ein Stück Regionalgeschichte, mit vielen Bildern, Karikaturen und Schilderungen von Bewohnern, aber auch von Prominenten, wie die Befürworter Landeshauptmann a.D. Josef Pühringer und der damilige OKA-General Leo Windtner. Auch Gegner wie Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) kommen in dem Buch zu Wort.
Vor eineinhalb Jahren kam den Autoren die Idee dazu: „Wir ergänzen uns ganz gut, mein Mann war am Rande für drei Wochen unter den Besetzern und hat interne Einblicke, ich war damals noch in der Volksschule und habe einen Blick von außen“, sagt Wetzlmaier.
(Manuela Kaltenreiner, Rezension in den Oberösterreichischen Nachrichten vom 29. Dezember 2020)
https://www.nachrichten.at/oberoesterreich/wels/der-kampf-um-die-traunau-ist-wie-ein-lehrstueck-einer-radikalisierung;art67,3335837
Gertrude Paltinger: Neues Buch rollt Lambacher Kraftwerks-Konflikt auf
Nach 25 Jahren hat ein Welser Paar den Konflikt um das Kraftwerk Lambach in einem Buch aufgearbeitet.
„Kampf um die Traun – Der Widerstand gegen das Kraftwerk Lambach“ heißt das vor wenigen Wochen erschienene Buch von Marina Wetzlmaier und Thomas Rammerstorfer. Die Autoren aus Wels begeben sich auf die Spuren des Konfliktes, der schon in den 1980ern begann und in den späten 1990ern mit Kompromissen endete. Denn das Kraftwerk Lambach wurde gebaut, allerdings mit großen Zugeständnissen an Anrainer und Umweltschützer, wie Wetzlmaier und Rammerstorfer berichten.
Zahlreiche Interviews
Der reich bebilderte Band lässt alle beteiligten Seiten zu Wort kommen. Zu den Gesprächspartnern zählen Alt-Landeshauptmann Josef Pühringer, der damalige OKA-General Leo Windtner, Madleine Petrovic, Rudi Anschober oder Lothar Lockl. Vor allem aber auch die damaligen Vorreiter des Widerstandes wie Regina Lint und Herbert Huss. Worte von Bundespräsident Alexander Van der Bellen runden das Werk ab.
Rammerstorfer war als Jugendlicher damals selbst unter den Aktivisten, Wetzlmaier hat vor allem ihr Interesse an Widerstandsbewegungen zum Buch motiviert. Intensiv daran gearbeitet haben die beiden rund ein Jahr lang. Sie haben dazu auch zahlreiche Interviews in Stadl-Paura und Lambach geführt und auch viele Bilder zur Verfügung gestellt bekommen. „Für viele Stadlinger war es damals die Zeit ihres Lebens, schon wegen der medialen Aufmerksamkeit und dieser starken Konfrontation“, hat Wetzlmaier bei diesen Gesprächen erfahren.
(Gertrude Paltinger, Rezension in den Tips Ausgabe Wels vom 21. Jänner 2021)
https://www.tips.at/nachrichten/wels/land-leute/525355-neues-buch-rollt-lambacher-kraftwerks-konflikt-auf
Herbert Huss: Der Kraftwerkswiderstand in Stadl-Paura und seine Folgen
Die granze Traun eine geschlossene Kraftwerkskette im Schwellbetrieb? Was heutzutage unvorstellbar ist, war vor 34 Jahren konkreter Plan der OKA, der von der lokalen Politik auf Zustimmung stieß. Zentrales Element dieser Kraftwerkskette sollte das Kraftwerk Edt sein, dessen 20m hohe Staumauer die Traun bis ins Ortsgebiet von Stadl-Paura eingestaut hätte. Besonders gravierend wäre aber die Errichtung eines riesingen Speichersees in Stadl-Ufer gewesen, der mit täglichen Wasserspiegelschwankungen von 2m zusätzliches Schwellvolumen in den Schwellrhythmus der Traun hätte bringen sollen.
Der Umstand, dass dieses Projekt von den betroffenen Gemeinden Stadl-Paura, Lambach, Edt und Fischlham weitgehend akzeptiert wurde, führte in Stadl-Paura zur Gründung der „Bürgerinitiative Traun“, der es gelang medial Stimmung gegen dieses völlig überdimensionierte Kraftwerk zu machen und damit nicht unwesentlich dazu betrug, dass dieses Projekt fallengelassen wurde.
1988 wurde vom damaligen Landeshauptmann der Auftrag zu einer Umplanung in die beiden Kraftwerke Lambach und Saag erteilt.
Für Stadl-Paura war damit zwar Stadl-Ufer gerettet, ein wesentliches Problem blieb jedoch, nämlich die problematische Gewässergüte der Traun. Jahrelang waren die Abwässer der Papierindustrie weitgehend ungeklärt in die Traun gelangt und es bestanden berechtigte Zweifel, ob die für einen Aufstau notwendige Gewässergute II zu erreichen ist.
Mahnendes Beispiel war das Kraftwerk Marchtrenk, in welches Sauerstoff hineingequirlt werden musste, um die Geruchsprobleme in den Griff zu bekommen. Außerdem war die Traun noch immer stark mit Zink belastet und der Welser Amtsarzt warnte wegen zu hoher Keim-Fracht vor einem Bad in der Traun. Deshalb formierte sich auch ein Widerstand gegen dieses Projekt und es kam zu einem Gemeinderatsbeschluss mit der Forderung nach Gewässergüte II im Stau.
Weiters wurden drei Umweltverträglichkeitsgutachten, Energiesparmaßnahmen und schließlich der Erhalt der freien Fließstrecke zwischen Kemating und Stadl-Paura gefordert. Da diese Bedingungen nicht erfüllt wurden, trat die Gemeinde Stadl-Paura gegen den Kraftwerksbau auf.
Das zentrale Anliegen der „Bürgerinitiative Traun“ war der Schutz der noch verbleibenden freien Fließstrecke zwischen Kemating und Wels. In Oberösterreich waren Donau, Inn, Enns und Untere Traun unterhalb von Wels bereits in geschlossenen Kraftwerksketten ausgebaut und 92% des Wasserkraftpotentials genutzt. Die Fließstrecke zwischen Stadl-Paura unnd Wels war die letzte bedeutende Auenfließstrecke Oberösterreichs, die sich überdies durch eine besonders hohe ökologische Wertigkeit auszeichnete. Die Bürgerinitiative fand im WWF, dem Naturschutzbund, der Österreichischen Gesellschaft für Vogelkunde, dem Alpenverein aber auch dem Arbeitskreis Ökologie der Diözese Linz rasch Verbündete im Kampf gegen diese Kraftwerke. 1993 wurde das Kraftwerk Saag zurückgezogen, sodass nur mehr das Kraftwerk Lambach zur Diskussion stand.
Die wesentlichen Naturschutzargumente galten jedoch auch für diesen Flussabschnitt. Ein Bau kam deshalb für die oberösterreichische Naturschutzbehörde und die zuständige Naturschutzlandesrätin nicht in Frage. Außerdem stand der Bau in Widerspruch zu EU-Recht, da die Fließstrecken zwischen Gmunden und Wels als „international schützenswert“ anerkannt waren. Dennoch wurde der Bau in der Landesregierung durchgedrückt, indem der zuständigen Naturschutz-Landesrätin kurzerhand die Kompetenz entzogen wurde.
Diese willkürliche Ausschaltung des Naturschutzes war für die „Bürgerinitiative Traun“ ein Grund, um sich, unterstützt von GLOBAL 2000, bei Baubeginn am 9. Jänner 1996 den Baggern entgegenzustellen. Was folgte, war die längste Au-Besetzung in der Geschichte der österreichischen Umweltbewegung. Sie endete erst am 11. April 1996, als der Verwaltungsgerichtshof einen Baustopp verordnete. Im November 1997 wurden die Bauarbeiten wieder aufgenommen und drei Jahre später wurde das Kraftwerk seiner Bestimmung übergeben.
Folgen des Widerstands
Da vor Ort erbitterter und von der Kronenzeitung massiv unterstützter Widerstand geleistet wurde und sich auch der Bundespräsident und Bundeskanzler in den Konflikt eingeschaltet hatten, sahen sich der damalige Landeshauptmann und die OKA zu Zugeständnissen genötigt.
• Das Kraftwerk wurde fast gänzlich umgeplant. Der links vom Kraftwerk gelegene Fischaufstieg wurde neu gestaltet. Neu dazugekommen sind der rechts gelegene Fischaufstieg, jener beim Stadler Wehr sowie die Biotope an der Ager. Auch die landschaftlich ansprechende Gestaltung der Ager-Mündung, der Badeinsel und sämtlicher Uferbereiche sind auf diese Umplanung zurückzuführen.
• Ein rechtlich verbindlicher Schutz der Fließstrecke zwischen Kemating und Stadl-Paura wurde zwar immer wieder versprochen, aber nie durchgesetzt. Erst als die Bürgerinitiative Traun beim geplanten Neubau des KW Stadl-Paura wegen der nicht eingehaltenen Zusagen mit erneuten Protesten drohte, wurde dieses Thema erst genommen und vom damaligen Wasser-Landesrat auch durch eine entsprechende Änderung der „Traun-Verordnung“ am 30. März 2009 umgesetzt.
• In Stadl-Paura wurden drei Grundwasserpumpstationen errichtet, die verhindern, dass es durch den Aufstau zu Schäden bei Gebäuden kommt.
• Für die Fließstrecke zwischen Stadl-Paura und Wels wurde ein rechtlich verbindlicher Schutz erreicht, was den Weg für das Rückbauprojekt in der Fischlhamer Au frei machte.
• Zwischen Stadl-Paura und Gmunden wurde 2011 ein Vogelschutzgebiet errichtet, nachdem sich die OÖ Landesregierung in einem bei der EU-Kommission wegen des Kraftwerkbaus durchgeführten Verfahren dazu verpflichtet hatte.
(Herbert Huss, Biologe und Sprecher der Bürgerinitiative Traun, Rezension in der Stadlinger Post. Gemeindezeitung von Stadl-Paura, Ausg. 1/21, Jänner – März 2021, S. 24 f.)
https://www.stadl-paura.at/Stadlinger_Post_1_2021_1
pö: [Der Kampf um die Traun]
Die Au-Besetzung gegen den Kraftwerksbau bei Lambach erschütterte 1996 Oberösterreich. Ein Buch erweckt dieses „Duell“ zum Leben
Vor gut 25 Jahren, im Jänner 1996, tobte der „Kampf um die Traun“, nämlich um die Au in Lambach, wo heute das Traunkraftwerk der Energie AG mit sauberem Strom aus erneuerbarer Energie und vielen Gelegenheiten für Freizeitaktivitäten lockt.
Ein Buch aus dem Verlag „Bibliothek der Provinz“ erweckt nun diese zeitgeschichtlich und demokratiepolitisch ungemein spannende Phase wieder zum Leben, in der die „Krone“ – angestachelt von Herausgeber Hans Dichand, dem Naturzerstörung aller Art ein Gräuel war – Partei für die Umweltschützer und die sie unterstützende Bevölkerung ergriff. Die freien Journalisten Thomas Rammerstorfer und Marina Wetzlmaier lassen Aktivisten, Zeitzeugen und Politiker zu Wort kommen und zeichnen damit ein vielstimmiges Bild einer Affäre, die Oberösterreich spaltete – wie erst Jahre später wieder, anno 2000, die erbitterte Auseinandersetzung um die „Oper im Berg“, das Vorläuferprojekt des Musiktheaters am Volksgarten. In beiden Fällen war ÖVP-Politiker Josef Pühringer der Haupt-Reibebaum der Gegner – 1996 als gerade ins Amt gekommener junger Landeshauptmann, im Jahr 2000 schon als gefestigter Landeschef.
Wie davor im Fall von Hainburg war der Kampf gegen „die Betonierer“ auch ein Symbol mit der Kernfrage: Wie viel Wirtschaftswachstum und wie viel Beton verträgt die Welt noch? […]
(Werner Pöchinger, Rezension in der Kronen Zeitung Ausgabe Oberösterreich vom 27. April 2021, S. 47)