
Julian Schutting | Marielis Seyler – Anverwandlungen der Wirklichkeiten
Julian Schutting, Marielis Seyler
ISBN: 978-3-99126-329-6
30,5×21cm, [72] Seiten, zahlr. z.T. farb. Abb., Hardcover
24,00 €
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Kurzbeschreibung
Zweifellos ist die literarische Reflexion von Kunstwerken, ob Prosa, Lyrik oder sonstige Textformen, meistens die inspirierendste Begegnung von Text und Bild, erfolgt sie doch polylog im Spannungsfeld von freier Empfindung, Wahrnehmung und Wissen. Derart begegnet der Schriftsteller Julian Schutting dem Werk von Marielis Seyler, das sich seit Jahrzehnten in besonderer Weise mittels Photographie und deren Erweiterung in Form von Materialbearbeitungen mit Natur und ihrer Verletzlichkeit auseinandersetzt. Schutting nähert sich dem Werk der Künstlerin buchstäblich, das Gesehene benennend, mit seiner Wahrnehmung und Erfahrung oft kenntnisreich erweiternd, nie herkömmlich interpretierend. Nicht affirmativ, sondern vielmehr staunend und fragend entfaltet er assoziative Erzählminiaturen, wodurch unerwartete Wahrnehmungshorizonte sichtbar werden. Schutting, der durch seine photographische Ausbildung über eine besondere Nähe zur Photographie verfügt, verfährt dabei behutsam, tastend und nimmt eine Äußerung von Adalbert Stifter als Leitmotiv seiner Wahrnehmung: gehörig anschauen. Es sind die Biographeme des Schriftstellers selbst, welche eine Fülle des Schauens ermöglichen. Entstanden sind Kurzgeschichten, die uns auch von der Semantik der Wörter und der Weite des Blicks erzählen, kurz: von der Verwandlung des Sehens.
(Carl Aigner, Exzerpt aus: »Vom Blick der Sprache: Wenn Wörter Bildern begegnen«,
Nachwort zu „Julian Schutting | Marielis Seyler – Anverwandlungen der Wirklichkeiten“)
[Hrsg. von Marielis Seyler |
Mit e. Nachw. von Carl Aigner |
Texte: Julian Schutting | Fotografien: Marielis Seyler]
[artedition · Verlag Bibliothek der Provinz]
Rezensionen
Gregor Auenhammer: Die Fragilität des SeinsDie friedliche Koexistenz eines Zweierlei, welches in der Natur einander fremd bleibt, daher nie einander feind, beschreiben, nein beschwören die sphärisch anmutenden, filigranen, fast zärtlichen Kompositionen eines erratisch Anverwandlungen der Wirklichkeiten genannten Bildbandes. Wobei, das sei gleich festgehalten, Bildband nur die Hälfte der Wahrheit erfasst. Das schmale, fein sortierte, elegant durchkomponierte Album stellt eine Symbiose von Fotografie und Poesie dar. Marielis Seyler lud Julian Schutting zum Dialog. Dieser geriet zur Meditation über Vergänglichkeit, Unendlichkeit, Seelenleben und Verwandlungen. Ausgangspunkt für Julian Schuttings poetische Petitessen waren die filigranen Stillleben und Kompositionen von aus der Natur versammelten Ingredienzien. Weinbergschnecken legte die Künstlerin in ein Nest – aber nicht in der diabolischen Art eines untergejubelten Kuckuckskindes, sondern als bewusstes Anvertrauen, welches blindes Vertrauen und bedingungslose Liebe voraussetzt. Kontrapunkte in einer Zeit, die sich in Hass und Missgunst ergießt, sich in Saturiertheit dem Unbill des Alltags ergibt. Wider die Kapitulation vor dem Ungeist des Zeitgeistes ist die dialogisch-diskursive Werkform zu verstehen. Schutting, der durch seine Ausbildung über besondere Nähe zur Fotografie verfügt, nimmt Adalbert Stifters Postulat „gehörig anschauen“ als Leitmotiv der Wahrnehmung. Schutting fügt sensibel Wortschöpfungen zu Kaskaden. Mal flatterhaft wie Schmetterlinge, mal mäandernd wie Regentropfen im Wind und changierend wie Kieselsteine unter Wasser laden sie ein zu einer Verwandlung des Sehens.
(Gregor Auenhammer, Rezension im Standard-Feuilleton Album vom 19. April 2025, S. A 7)