Lilly Hagg
https://www.lillyhagg.at/1971 in Wien geboren und in Oberösterreich aufgewachsen. Besuchte die Höhere Bundeslehranstalt für Mode und Bekleidungstechnik in Wien. Danach Arbeiten als Computergrafikerin und Kostümbildnerin. Studierte von 1994 bis 1998 bei Werner Liebmann an der Berliner Kunsthochschule Weißensee Malerei. 2000 Geburt ihres Sohnes. Lebt und arbeitet seit 2002 im Burgenland. 2006 gewann sie den Förderpreis für Künstlerinnen im Burgenland. Sie arbeitet in Eitempera und Stoffflecken.
Lilly Hagg in einem Selbstgespräch zur Entdeckung der Stoffe:
Du bist Textilkünstlerin, aber du kommst aus der Malerei. Wie waren deine Anfänge?
Ich sehe mich in erster Linie als Malerin. Ich komme von der expressionistischen Malerei. Hab bei Werner Liebmann in Berlin Weißensee studiert. Am meisten hat mich Kokoschka inspiriert – mit seinem genauen Auge und seinem spontanen Pinselauftrag.
Anfangs versuchte ich vor allem das Auge zu schulen und die Erscheinungsformen der sichtbaren Welt zu schätzen. Alles ist faszinierend, wenn man es genau ansieht. Es ist ein Wunder, was Licht und Schatten zum Erscheinen bringen.
Am liebsten reibe ich mich an den Malern, die von der sichtbaren Welt ausgehen und sich kunstvoll von ihr lösen. Sei es ein Braque, ein Picasso, ein Matisse oder Cezanne, aber auch eine Joan Mitchell oder ein Per Kirkeby, ein Dubuffet oder eine Maria Lassnig. Auf deren Schultern steh ich.
Es galt also zuerst die Malereigeschichte aufzusaugen und zu verdauen.
Dann bin ich durch das wunderbare Stoffland in Oberwart gewandert und so kam die Frage auf, kann ich nicht die Malerei mit meiner ursprünglichen Berufung verbinden? Ich bin ja gelernte Damenkleidermacherin.
Da tat sich plötzlich eine Welt auf. Je mehr ich mit den Stoffen arbeitete, desto klarer wurde mir, dass die gesamte Geschichte der Malerei in die Welt der Stoffe eingewandert ist. All die großen Maler sind aus den Museen und Galerien in die Kleiderkästen und Wohnlandschaften übergewechselt wie in ein Paralleluniversum. Dort arbeiten sie an der Gestaltung von Küchenschürzen, Kinderbettwäschen, Schlafzimmervorhängen, Eckbanküberzügen oder Abendkleidern. Mit meinen Arbeiten hole ich sie dort heraus.
Beziehst du deine Stoffe nur aus dem Stoffland?
Nein. Alles was mir in die Quere kommt, wird verwendet. Ich gehe in Secondhandgeschäfte, hab meine Polsterer, die mir ihre Reste und Musterlaschen überlassen. Es kommt schon einmal vor, dass ich einer Freundin sage, dein Leiberl ist schön, so inspirierend, heb es mir doch bitte auf, wenn du es ausmusterst…
Wie war der Mediumswechsel? Wie kann man sich das vorstellen, mit Stoffen zu malen?
Begonnen hab ich mit einfärbigen Stoffen. Es zeigte sich, dass ich die Pinselstriche, mit denen ich sonst ein Lächeln darstelle, einfach aus Stoff ausschneiden und mit Nadel und Faden einfangen kann, wie ein Kokoschka an der Nähmaschine.
Erst später traute ich mich über die gemusterten Stoffe drüber. Was für ein Abenteuer! Wie gesagt, es taten sich Welten des verschiedensten Farbauftrags auf.
Du verwendest ja verschiedenste Stoffe…
Ja, je unterschiedlicher, desto besser. Ich liebe sie alle, die groben Polstermöbelstoffe, die bunten Jerseys, die durchscheinenden Voiles… Sie sollen alle mitspielen.
Und doch muss diese disparate Truppe in der Lage sein, eine Geschichte zu erzählen und ein einheitliches Ganzes zu erzeugen…