Wieland Schmied
Kunsthistoriker, Hochschullehrer, Jurist, Bibliotheksdirektor, Schriftsteller, Kunstkritiker, Museumskustos, Verlagslektor, 1929–2014
Kam 1939 nach Wien, studierte Jus und Kunstgeschichte. Bis 1973 Direktor der Kestner-Gesellschaft Hannover, bis 1975 Hauptkustos der Nationalgalerie Berlin. 1978–86 Direktor des DAAD, 1986–94 Professor für Kunstgeschichte an der Akademie der bildenden Künste in München, seit 1995 Präsident der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. 1980–99 Präsident der Internationalen Sommerakademie Salzburg.
Autor von Gedichten und von Essays zur Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts
Österreichischer Staatspreis für Kulturpublizistik 1992; Großes Silbernes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich 1998; Bayerischer Maximilianorden 2001; Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien 2012
Foto: © Erika Schmied
Siehe auch Eintrag bei Wikipedia: (☞).
Nachrufe:
Freundlich und bescheiden, doch mit zäher Neugierde näherte sich Wieland Schmied den größten Künstlern unserer Epoche und gewann dadurch ihr Vertrauen. Ob er sich mit der „paranoischkritischen Methode“ von Salvador Dalí befasste, mit dem Werk des surrealistischen Malers Richard Oelze oder ob er den Menschen hinter dem blutrünstigen Aktionskünstler Hermann Nitsch erkundete: Der Kunsthistoriker und -kritiker Schmied ließ sich, dem hermeneutischen Ideal folgend, immer ganz auf das kreative Gegenüber ein und trat dabei selbst in den Hintergrund.
(Katrin Hillgruber, Der Künstlerfreund. Zum Tod von Wieland Schmied, Nachruf erschienen in: Der Tagesspiegel, 24. April 2014, ☞)
Es gibt nur wenige, die sich so fundiert mit Kunst auskannten wie Wieland Schmied. Der Kritiker, Kunsthistoriker und Ausstellungsmacher hinterlässt ein sehr umfangreiches Lebenswerk: etwa seine hervorragenden Künstler-Monografien, unter anderem über Klimt, Hundertwasser, Dalí oder Duchamp. Oder seine Arbeiten zum Surrealismus, zur Malerei des Magischen Realismus und zur Neuen Sachlichkeit, die eine Neubewertung der gegenständlichen Malerei der zwanziger Jahre angestoßen haben.
Talent, Kunst verständlich zu erklären
Seine berufliche Heimat verlagerte Schmied immer wieder zwischen Deutschland und Österreich hin und her. Der am 5. Februar 1929 in Frankfurt am Main geborene Sohn des österreichischen Philosophen Walther Schmied-Kowarzik studierte in Wien Jura und Kunstgeschichte und arbeitete dann als Lektor des Frankfurter Insel-Verlages und Kunstkritiker bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Schon damals war er bekannt dafür, auch hochkomplexe Kunstthemen anregend erklären und verständlich einordnen zu können.
Zeitgenössische Kunst und klassische Moderne
Von 1963 bis 1973 stand Schmied als Direktor der Kestner-Gesellschaft in Hannover vor. Dort begann er, Ausstellungen zu zeitgenössischer Kunst und klassischer Moderne zu kuratieren. Anschließend ging er nach Berlin und arbeite bis 1975 als Kustos an der Nationalgalerie. Von 1975 bis 1977 war er Mitarbeiter der documenta Kassel und der 15. Europäischen Kunstausstellung „Tendenzen der 20er Jahre“ in Berlin. Von 1978 bis 1986 war er Direktor des Berliner Künstlerprogramms des Deutschen Akademischen Austauschdienstes.
Bleibender Eindruck, wohin er auch kam
In Salzburg leitete er ab 1981 fast zwei Jahrzehnte lang die vom österreichischen Expressionisten Oskar Kokoschka gegründete Internationale Sommerakademie für Bildende Künste. Durch seine Tätigkeit auf der Festung Hohensalzburg positionierte er die Mozartstadt auch abseits der Musik und hinterließ einen bleibenden Eindruck. 1982/83 war Schmied Berater des Museo de Arte in Lima, Peru. Als Ordinarius für Kunstgeschichte kam er 1986 an die Akademie der bildenden Künste in München, die er als Direktor von 1988 bis 1993 leitete. Von 1995 bis 2004 war er Präsident der Bayerischen Akademie der Schönen Künste in München.
Vielfach ausgezeichnet
Für sein Wirken wurde Schmied unter anderem mit dem Theodor-Körner-Preis (1959) und dem Österreichischen Staatspreis für Kulturpublizistik (1993) ausgezeichnet. Zuletzt erhielt er das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien (2012).
(nf/pg, Nachruf erschienen auf der Webseite der Deutschen Welle, 24. April 2014, ☞)
Der international renommierte Kunsthistoriker legte zudem 2002 sein Grundlagenwerk zu Caspar David Friedrich (1975, 1992) erneut vor, welches in prägnanter Einführung und detaillierten Werkanalysen Modernität, Radikalität und Tiefenbedeutung dieses herausragenden Künstlers verständlich macht und dabei auch die zeitgenössische Rezeption zeigt und bewertet (Wieland Schmied, Caspar David Friedrich, Köln: DuMont Verlag 1992/2002).
Auch seine mehrbändigen Studien zu Ezra Pound, die zahlreichen, während seiner Führung der Kestner-Gesellschaft Hannover (1963–1973) veranstalteten innovativen Ausstellungen und Kataloge zu Giorgio de Chirico, Alfred Kubin, Richard Oelze und anderen wichtigen Künstlern der ars phantastica sind unvergessen. Sein 1973 erschienenes Buch „Zweihundert Jahre phantastische Malerei“ gilt vielen als Referenzwerk zu dieser epochenübergreifenden Thematik.
Die Fähigkeit von Wieland Schmied, freundlich und bescheiden zurück zu treten und sich ganz auf sein Gegenüber, die Künstler und anderen Gesprächspartner, in seinem von beständiger Arbeit erfüllten Leben einzulassen, zeitigte im Rückblick eine Fülle heute noch und für die Zukunft wichtiger Ausstellungen und Publikationen, wie etwa die zu Mark Tobey. Hervorzuheben ist hier auch die lebenslange Freundschaft mit Friedensreich Hundertwasser, für dessen vielschichtiges Leben und Werk Schmied der wohl wichtigste Zeitzeuge und der verständigste Mentor gewesen ist.
(Thilo Götze zum Tode von Wieland Schmied am Weblog „Sammlung Thilo Götze Regenbogen“, 25. Mai 2014, ☞)