Der Fleck
Erzählungen
Sibylle Lang
ISBN: 978-3-99126-226-8
19×11,5 cm, 216 Seiten, Klappenbroschur
20,00 €
Neuerscheinung
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Kurzbeschreibung
Der letzte Tonnen-Donnerstag war so still, dass es Irmi im Haus fast unheimlich wurde. Morgens fuhr der Tonnenwagen durch ihre Straße. Sie sah die orangefarbenen Männer, die hinten auf ihrem Trittbrett standen, aber in eine ganz andere Richtung blickten, als hätte es ihr Haus nie gegeben. Irmi lief ihnen nach, aber nach der Kreuzung gab das Auto Gas und Irmi kam nicht mehr hinterher.
Rezensionen
Gerlinde Knoller: Banales gewinnt Bedeutung„Als Karl seine Stimme verlor“ – so hieß der zweite Erzählband der Augsburger Literatin Sibylle Lang aus dem Jahr 2020. Jetzt ist im österreichischen Verlag Bibliothek der Provinz ihr dritter erschienen unter dem Titel „Der Fleck“. Und wieder ist die Autorin zu erleben, die mit dem Blick der Fotografin, die sich mehr und mehr dem Schreiben zugewandt hat, kurze Erzählstücke präsentiert. Versammelt finden sich in dem Band zehn Erzählungen, die eines eint: Das Banale, das Nebensächliche, das zunächst überhaupt nicht Erzählenswerte rückt plötzlich in den Fokus, wird bis in die Details, bis in die innere Gedankenwelt der Protagonistinnen scharf gestellt und ausgebreitet. Das irritiert zunächst, lässt fragen: und jetzt? Bis meist eine völlig ungewöhnliche Wendung eintritt.
Da ist die Erzählung „Zwischen Fluss und Kanal“ – die Umgebung erinnert an die Wertach in Augsburg – bei der zwei Freundinnen, „die sich früher immer streiten mussten“, sich nach Jahren an diesem Ort der Kindheit wieder treffen, um spazieren zu gehen. Sie erinnern sich an früher, an ihre Gemeinsamkeiten und auch an die Bruchstellen ihrer Freundschaft, suchen „Wahrheiten“ noch mal aufzuklären und kommen sich, was beim Lesen deutlich wird, gar nicht mehr recht nahe.
Plötzlich entdecken sie zwei Jugendliche, die offensichtlich unter Drogen hilflos sind, rufen den Rettungswagen. Die Jugendlichen werden vorher wach und fliehen. „Nichts war passiert, die Sonne schien“, endet die Erzählung – wie die meisten in diesem Band mit offenem Ende.
Die Aufarbeitung von Vergangenem wiederholt sich in allen möglichen Variationen in diesem Erzählband. Konflikte, Gefühlslagen, Beziehungsgeflechte von früher tauchen wieder empor, suchen nach späterer Klärung, die es in den meisten Fällen nicht gibt. Es erinnert sich ein ehemaliges Aupair-Mädchen an ihren Aufenthalt in Mailand, bei dem sie von der Familie hinausgeworfen worden war. Oder die Erzählerin fährt nach Jahren nach Meiningen, um sich mit einem ehemaligen Schulkameraden zu treffen, dem sie unbedingt eine Frage stellen musste, die sie in Schulzeiten nicht gestellt hatte. In den Erzählungen finden sich ähnliche Muster, etwa die, dass sich die Protagonistin aufgrund banaler, doch einschneidender Ereignisse in Gedankenspiele verstrickt, sie bis zur Absurdität immer mehr aufbauscht. Es wird durchaus spannend erzählt. […]
(Gerlinde Knoller, Rezension in der Augsburger Allgemeinen Nr. 11/24 vom 15. Januar 2024, S. 25)
Weitere Bücher des Autor*s im Verlag:
Als Karl seine Stimme verlor
Das Abendessen mit dem kleinen Chinesen